Der Landkreis Vorpommern-Rügen lässt die Kindertagespflegeeltern in puncto Bezahlung sprichwörtlich im Regen stehen. Die durch ihn an die Kindertagespflegeeltern zuzahlende laufende Geldleistung ist seit geraumer Zeit nicht mehr angehoben worden. So operiert der Landkreis nach wie vor mit zwei Jahre alten Zahlen, obwohl Landrat Dr. Stefan Kerth gerade erst im Dezember 2019 die neue Kindertagespflege-Finanz-Richtlinie unterschrieben und damit in Kraft gesetzt hat. Auf dem ersten Stralsunder Bürgersprechtag der Kreistagsfraktion BVR/FW kam das Thema auf den Tisch.
„Ich bin erschüttert. Die Geldleistung, die der Landkreis den Kindertagespflegeeltern zahlt, ist nicht existenz-sichernd. Er entspricht noch nicht mal dem Mindestlohn. Der Landkreis hat eine gute Qualität in der Betreuung und Förderung unserer Kinder in Vorpommern-Rügen sicherzustellen und gefährdet dann zugleich durch eine zu geringe Geldleistung das Betreuungsangebot der Kindertagespflege“, verdeutlicht Fraktionsvorsitzen-der Mathias Löttge. Dabei gibt das Land im Kindertagesförderungsgesetz die Richtung eindeutig vor. Dort heißt es, dass der Mindestlohn zu beachten ist.
Die Kindertagespflege ist ein gleichberechtigtes Alternativangebot zu den Kitas in der Betreuung und Förde-rung von Kindern im Alter bis zu drei Jahren. Eine Kindertagespflegemutti betreut bis zu maximal fünf Kinder in einer kleinen Gruppe, wobei sie eine tägliche Verweildauer für die Kinder von zehn Stunden vorhalten muss. Für die Förderung eines Ganztagskindes bekommt sie monatlich 384,26 Euro zuzüglich eines Sachkostenzuschusses von 100 Euro unter anderem für pädagogisches Material, Fortbildung, Ausstattung, Verbrauchsmittel und Betriebskosten. Dabei bleiben weitere Stunden für die tägliche Vor- und Nachbereitung sowie für die Reinigung der Räumlichkeiten unberücksichtigt.
„Wir fordern den Landkreis auf, sich endlich seiner Verantwortung gegenüber den Tagespflegeeltern und den von ihnen betreuten Kindern zu stellen. Es kann doch nicht sein, dass die Kindertagespflegemuttis für eine Erstattung ihrer angemessenen Kosten und für eine gerechte Bezahlung ihrer Förderungsleistung vor die Verwaltungsgerichte ziehen und den Landkreis auf Zahlung des Mindestlohnes verklagen müssen“, ergänzt Fraktionsmitglied Rita Falkert. Gegenwärtig befindet sich die Klage in der 2. Instanz vor dem Oberverwaltungsgericht in Greifswald. In vergleichbaren Landkreisen, wie Vorpommern-Greifswald und Mecklenburgische Seenplatte erhalten die Kindertagespflegeeltern für ein Ganztagskind mehr als 600 Euro.
Zudem: Sollte bei den Kindertagespflegeeltern weiter gespart werden, hat der Landkreis teuer gespart. Denn sind immer mehr Kindertagespflegeeltern wegen finanzieller Unauskömmlichkeit zur Aufgabe ihrer Tagespflegeexistenz gezwungen, dann gehen die Kinder in die Kitas, wo ein Ganztagsplatz mehr als das Doppelte kostet.
In Vorpommern-Rügen inklusive der Hansestadt Stralsund gibt es rund 120 Tagespflegepersonen, die in der Kindertagespflege tätig sind. Kindertagespflege ist eine familienunterstützende und familienergänzende Form der regelmäßigen Förderung von Kindern durch eine geeignete Tagespflegeperson in ihrem eigenen Haushalt, im elterlichen Haushalt oder in anderen geeigneten Räumen.